FAMILYLIFE
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Die Bergers brauchen ein neues Auto. Doch sie sind sich so gar nicht einig, welches Modell es sein soll. Johannes Berger wünscht sich ein modernes, schnittiges E-Auto, Jana Berger hingegen einen geräumigen, preiswerten Familienwagen. Immer wieder diskutieren sie über Umweltfreundlichkeit, den Transport von Kindern und Einkäufen, über Design und Finanzen. Je länger die Diskussionen andauern, desto unverstandener fühlen sie sich, und langsam wächst in beiden ein Groll gegen den anderen.

In jeder Partnerschaft kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten. Das können größere Entscheidungen wie ein Autokauf oder die Urlaubsplanung sein, aber auch alltägliche Bagatellen wie die Frage, wer das Bett frisch bezieht oder den Müll hinausbringt. Manche dieser Differenzen lassen sich leicht klären, bei anderen hingegen verhakt man sich und sie hinterlassen schlechte Gefühle.

In solchen Momenten lohnt es sich, nach dem „Level 2“ des Konflikts zu fragen. Denn meist geht es gar nicht um das, worüber auf den ersten Blick gestritten wird. Die Meinungsverschiedenheit ist oft nur eine Stellvertreterdiskussion für ein bedeutenderes Thema. Auf einer übergeordneten Ebene geht es dann um die großen Fragen: Bin ich dem anderen noch wichtig? Wer hat in der Partnerschaft das Sagen? Ist sie oder er da für mich? Genau dort beginnt das Level 2 des Konflikts.

So verschieden die oberflächlichen Meinungsverschiedenheiten auch sein mögen, dahinter zeigt sich oft das immergleiche Thema der Liebe. Wer den Level 2 eines Konflikts erkennt und benennt, verhindert, dass über Dinge gestritten wird, um die es in Wahrheit gar nicht geht.

Um in einem Gespräch auf das Level 2 zu wechseln, reicht es oft, wenn einer der beiden mit einer ehrlichen Botschaft aus der Ich-Perspektive vorangeht. So sagt Jana beispielsweise zu Johannes: „Für mich geht es gar nicht so sehr darum, ob wir einen Audi oder einen Dacia kaufen. Vielmehr geht es mir darum, dass ich meine eigenen Wünsche schon lange hinter die Realitäten des Familienalltags zurückgestellt habe. Ich wünsche mir, dass du das siehst und anerkennst. Und dass du selbst das Gleiche tust. Sonst habe ich das Gefühl, dass du mich mit unserem Familienprojekt allein lässt.“

Wenn Jana den Streit ums neue Auto mit dieser Selbstoffenbarung auf Level 2 hebt, eröffnet sie Johannes die Möglichkeit, es ihr gleichzutun und ebenfalls zu zeigen, worum es ihm wirklich geht. Vielleicht will er gerade nicht sein ganzes Leben der neuen Realität als Familienvater unterordnen, sondern sich mit einem Auto, das ihm gefällt, ein Stück Selbstbestimmung und persönliche Freiheit bewahren. Dann müssen sie nicht mehr über Autos diskutieren, sondern darüber, wie es gelingt, dass Jana sich mit dem Familienprojekt nicht alleingelassen und er sich in dieser Lebensphase nicht fremdbestimmt fühlt. Das sind die eigentlichen, wichtigen Themen.

Manchmal führt das Erkennen des übergeordneten Themas zu gegenseitigem Verständnis, sodass auch die darunterliegende Meinungsverschiedenheit gelöst werden kann. Doch nicht jeder Level-2-Konflikt lässt sich so leicht lösen. Solche grundlegenden und wiederkehrenden Konflikte sind ein Hinweis darauf, dass persönliche Reifungsprozesse anstehen. Und diese Reifungsprozesse brauchen Zeit und Geduld.

Letztlich ist es gar nicht so entscheidend, ob am Ende ein E-Auto oder ein Familienvan in der Garage steht. Wichtiger ist, dass die Bergers – und mit ihnen viele andere Paare – lernen, ihre Alltagskonflikte auf Level 2 zu heben und die eigentlichen Themen dahinter zu erkennen. Denn hinter jeder Meinungsverschiedenheit verbirgt sich die Chance, einander besser zu verstehen. Und manchmal führt der Weg zu mehr Liebe und Verbundenheit über den Umweg eines Autokaufs.

Next Level für deine Beziehung
Denke an einen kürzlich erlebten Konflikt zurück. Was war dabei dein Level 2? Ist es dir gelungen, das auszusprechen?

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