FAMILYLIFE
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Mit dem Frühling ist in meiner Familie die Lust auf Sport wieder erwacht. Mit zwei Ausnahmen. Unsere Jüngste hat überhaupt keine Lust und für mich ist Sport eher eine Notwendigkeit als ein Bedürfnis. Eine unserer Töchter hat das Ziel, einen Halbmarathon zu laufen. So drehen sich unsere Gespräche beim gemeinsamen Abendessen immer wieder um Ausdauersport. 

Ich würde nie im Leben einen Halbmarathon laufen. Gerade als ich diesen Gedanken ins Gespräch einbringen will, fällt mir auf, dass das Elternsein einem Marathonlauf sehr ähnlich ist. Die Trainingseinheiten wechseln zwischen Sprints und längeren Läufen hin und her, dazwischen gibt es immer wieder Ruhephasen. Ein Kind 18 Jahre lang zu begleiten, erfordert Ausdauer. 

…aber länger. So der bekannte Werbeslogan von Ovomaltine. Mag sein, dass Ovomaltine einigen von uns tatsächlich beim Elternmarathon hilft. Mir nicht. Klar ist aber, dass ein erfolgreicher Ausdauersportler auf sich achten und Trainingspausen einlegen muss. Ich selbst stehe zum dritten Mal am Anfang der Pubertät und lerne gerade den Wert von Pausen und Selbstfürsorge ganz neu kennen und schätzen. Die Pubertät dauert bekanntlich eine ganze Weile und auch unsere Jüngste hat ein Recht auf Eltern, die sie präsent und mit Energie und Ausdauer durch diese spannenden Jahre begleiten.

Selbstfürsorge ist daher kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist, von der alle profitieren. Sie hilft, geduldiger, präsenter und verbundener mit den Kindern zu sein. Sie bewahrt vor Perfektionismus und die Kinder lernen am Beispiel der Eltern, wie man gute Grenzen setzt und für andere sorgt.

Mein jüngeres Ich verspürte relativ selten den Wunsch nach Selbstfürsorge. Und der Gedanke, dass meine Energiereserven nicht unendlich sein könnten, war mir vor der Familiengründung völlig fremd. Aber unabhängig vom aktuellen Energielevel und den persönlichen Überzeugungen zu diesem Thema ist ein guter Umgang mit den eigenen Ressourcen eine Aufgabe, die zum Menschsein dazugehört. Schon in den ersten Texten der Bibel finden sich Hinweise zu einem guten Lebensrhythmus und einem gesunden Verhältnis von Arbeit und Entspannung. 

Was in der Theorie sonnenklar ist, scheitert oft an unseren übervollen Leben. Doch um Raum und Zeit zum Durchatmen und Auftanken zu schaffen, muss man nicht alles auf den Kopf stellen, den Job kündigen oder die Kinder tagelang sich selbst überlassen. Kurze Momente im turbulenten Alltag sind gute und nachhaltige Energiespender. Welche das sind, muss jeder und jede für sich selbst herausfinden. Die Fragen: “Was fehlt mir im Alltag? Was vermisse ich an einem normalen Tag?” können dabei helfen. Vielleicht ist es auch eine der folgenden Ideen: 

  • Heute eine Pause einplanen: Da wir normalerweise alles andere in den Kalender eintragen, sollten wir auch eine Pause für uns selbst einplanen. Das kann eine zehnminütige Kaffeepause sein oder ein ebenso kurzer Spaziergang. 
  • Jemandem, mit dem wir lange nicht mehr gesprochen haben, eine Nachricht schicken oder ihn anrufen: Erzähle ihm/ihr drei positive Dinge, die seit dem letzten Gespräch passiert sind – und bitte dann darum, von ihm/ihr ebenfalls drei positive Dinge zu hören. 
  • Einmal bewusst Nein sagen und den Freiraum wahrnehmen, der dadurch entsteht: Nein sagen kostet Überwindung – sei es zu sich selbst (nein, diese Wäsche wasche ich erst morgen), zu einem Kind (nein, den Kuchen für den Kuchenstand kann ich nicht backen), zu einer Anfrage aus der Gemeinde usw.   
  • Tagebuch schreiben: Es gibt so viele Möglichkeiten, Tagebuch zu schreiben. Ich selbst habe das Bedürfnis, nicht nur von einem Tag zum nächsten zu stolpern. Aber das ausführliche Tagebuchschreiben, ist nichts für mich. Seit Anfang des Jahres schreibe ich mit Hilfe eines kleinen Notizbuches* jeden Tag ein paar Zeilen. Das hilft mir, zur Ruhe zu kommen und kostet weder viel Zeit noch Kraft. Oder man schreibt jeden Tag etwas auf, wofür man dankbar ist, und erzählt es beim Abendessen der Familie.
  • Humor ist die Energiequelle schlechthin: Lachen baut Stress ab und hebt die Stimmung. Suche ein lustiges Video oder einen Witz, den du mit deinen Kindern teilen kannst. 

Sich selbst etwas Gutes zu tun, stärkt uns und das kommt unserer Familie zugute. Sei es eine Ovo, ein herzhaftes Lachen am Tag oder eine zehnminütige Pause: Regelmäßige Energiespender helfen uns, auch die nächste Etappe im Familien-Marathon gut zu meistern. Und ganz nebenbei: Ein reifer Umgang mit dem eigenen Stress und eine gute Selbstregulation führen dazu, dass auch die Kinder lernen, sich selbst zu regulieren. 

Wie sieht dein Rhythmus von Arbeit und Ruhe aus? Wie gestaltest du deine Pausen?
In welcher Etappe des Elternmarathons steckst du? Was tut dir gut / spendet dir Energie in der aktuellen Phase?
Wenn Selbstfürsorge für dich bisher kein Thema war: Wie könnte deine Form von Selbstfürsorge aussehen?

 

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