FAMILYLIFE
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“Jetzt schlaf endlich!” Ich erschrecke selbst über meinen scharfen Tonfall. Der Sohnemann scheint sich darüber jedoch zu amüsieren. Munter plaudert er weiter und krabbelt in seinem Kinderbett hin und her. Dabei liege ich schon seit 30 Minuten bei ihm und hätte doch noch dieses und jenes erledigen wollen, wenn endlich Ruhe einkehrt würde…

Bei uns zuhause ist das Zubettbringen unseres bald zweijährigen Sohnes grundsätzlich meine Aufgabe. Ich freue mich auch sehr darüber, denn es ist eine wertvolle Papa-Sohn-Zeit. Nach anstrengenden Tagen habe ich abends allerdings nicht mehr die größte Spannkraft. Die vielen Meetings und Entscheidungen des Tages hallen nach. Die E-Mail, die noch geschrieben werden sollte. Ein wichtiger Termin, der noch nicht vorbereitet ist. Oder das spannende Buch, das im Wohnzimmer bereit liegt und auf mich wartet.

“Papa?”, unterbricht mein Sohn meine Gedanken und holt mich zurück. Denn der Gorilla im Gute-Nacht-Buch ist noch nicht im Bett. Mein Sohn und ich zwar schon, aber an Schlaf ist trotzdem nicht zu denken. Wie kriege ich ihn nur ruhig? Oder sollte ich vielmehr mich selbst beruhigen?

In dem Buch “artgerecht – Das andere Kleinkinderbuch” von Nicola Schmidt habe ich eine amüsante Analogie zum Thema “Schlafbrücken als Wege in den Schlaf” gefunden. Ein Kind ins Bett zu bringen, ist wie ein Flugzeug zu landen. Es gibt nicht den einen Schalter, damit es schläft. Man kann einen Jumbo-Jet schließlich auch nicht aus voller Reiseflughöhe anhalten. Ich bin zwar kein Pilot, doch ich finde Flugzeuge faszinierend. Der Gedanke gefällt mir, und plötzlich geht mein Kopfkino in eine neue, positive Richtung. Lass uns gemeinsam das Flugzeug landen!

Die Reiseflughöhe verlassen wir schon weit vor der Landung. Meistens nach dem Abendessen. Hier drosseln wir langsam die Reisegeschwindigkeit. Ich stelle mir vor, wie ich nun die Kabine und den Passagier für die Landung vorbereite: Fensterläden schließen, Zähne putzen, Windeln wechseln, Pyjama anziehen. Anschließend gehen wir in den Sinkflug über und verlieren bereits gut an Höhe bzw. Energie (wobei vor allem einer von uns beiden Energie verlieren muss).

Jetzt heißt es, die Landebahn anzusteuern. Büchlein 3, Büchlein 2, Büchlein 1, wir sind über der Piste. Ich lege meinen Sohn sanft hin – und wir setzen auf dem Boden auf. Jetzt heißt es noch abbremsen und ausrollen.

Wir machen einen kurzen Tagesrückblick. Es hilft, die Begegnungen und Erlebnisse zu formulieren und auszusprechen. Ich sortiere die Gefühle und spreche ein Gebet. Die Atmung wird langsamer, wir lassen los und entspannen. Nicht selten schläft dabei auch der Pilot gleich selbst mit ein.

Das Wetter ist nicht jeden Tag gleich. Manchmal gibt es Turbulenzen, die eine andere Flugroute erforderlich machen. Manchmal muss auch der Sinkflug unterbrochen werden. Das ist in Ordnung. Doch ich weiss, dass ich beeinflussen kann, wie mein Kind in den Schlaf findet. Und ebenso, wie ich mit meinem Herzen präsent sein kann.

Welches Element könntest du in den Einschlafprozess deines Kindes einbauen, das euch beiden gut tut?
Wie verarbeitest du den Tag, das Erlebte und das Unvollendete?
Wie gelingt es dir, mit deinem Herzen präsent zu sein?

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