Im ersten Teil dieser Miniserie zum Thema Stress und Partnerschaft wurde deutlich, dass Verharmlosung und Ratschläge unserem Gegenüber nicht helfen, seinen persönlichen Stress abzubauen. Im zweiten Teil geht es nun darum, wie man es besser machen kann. Der dritte Teil dreht sich dann um das Thema spirituelle Stressbewältigung.

Warum erkranken Sozialarbeiterinnen so viel häufiger an Burn-out als Fließbandarbeiter, obwohl letztere einen hektischeren Arbeitstag haben? Einer der Gründe ist der Unterschied zwischen klassischem Stress und persönlichem Stress.

Klassischer Stress bedeutet, dass man viel zu tun hat und der Alltag hektisch ist. Es gibt viele Aufgaben und Probleme, die gelöst werden müssen.

Persönlicher Stress hingegen ist der nagende Stress, der aus unserer Bewertung von Ereignissen entsteht. Es ist ein emotionaler Stress. Persönlicher Stress ist viel zerstörerischer als klassischer Stress. Es ist diese Art von Stress, die zu Herzinfarkten oder eben Burn-outs führt.

Persönlicher Stress kann nicht physiologisch abgebaut werden, da es sich nicht um physiologischen, sondern um psychologischen Stress handelt. Man kann nach der Arbeit noch so viele Bahnen im Schwimmbad schwimmen, es nagt immer noch an einem, wenn man sich beispielsweise vom Vorgesetzten ungerecht behandelt oder von den Kollegen nicht verstanden und wertgeschätzt fühlt.

Es ist auch der persönliche Stress, der so manche Partnerschaft in Schieflage bringt. Wenn er nicht verarbeitet werden kann, werden wir entweder leicht reizbar oder verschließen uns.

Dabei ist eine vertrauensvolle Beziehung ein idealer Ort, um nagenden Stress loszuwerden. Doch wie gelingt das? Was kann man konkret tun, um gemeinsam den Stress abzubauen, den beide von außen in die Beziehung hineintragen?

Ein erfolgsversprechender Gesprächseinstieg könnte so aussehen:

Lucas: Legt sein Smartphone weg und schaut Sophia an. (signalisiert Offenheit und Interesse)

Sophia: „Fabians Lehrerin hat angerufen und gesagt, dass er schon wieder einen Mitschüler verprügelt hat.“ (gibt eine kurze Zusammenfassung, keine Details)

Lucas: „Oh nein. Wie war das für dich?“ (gibt keine Ratschläge und verharmlost nicht, sondern signalisiert mehr Interesse und Offenheit)

Sophia: „Ich mache mir große Sorgen. Ich frage mich, ob wir etwas falsch gemacht haben. Die Vorstellung, dass Fabian von seinen Klassenkameraden gemieden werden könnte, macht mich traurig.“ (erzählt, wie es ihr dabei geht, besonders auch emotional)

Lucas: „Das kann ich nachvollziehen. Ich verstehe, dass es dich traurig macht, dass Fabian zum Außenseiter werden könnte. Manchmal mache ich mir auch Sorgen.“ (hält aus, erklärt die Wahrnehmung des Gegenübers für gültig, bietet emotionale Unterstützung)

Sophia kommt schnell auf den Punkt und erzählt nicht nur die Fakten, sondern auch, was das Ereignis bei ihr emotional ausgelöst hat. Lucas als Zuhörer verzichtet konsequent auf Ratschläge und Verharmlosungen und signalisiert stattdessen Offenheit und Interesse. Dann gibt er Sophia zu verstehen, dass ihre Wahrnehmung Sinn macht, auch wenn er mit seinem Hintergrund die gleiche Situation vermutlich ganz anders bewertet hätte. Wenn Sophia auf diese Weise über ihre Belastungen sprechen kann und auf Verständnis bei ihrem Mann stößt, hilft ihr das, ihren Stress zu verarbeiten. Anschließend ist sie bereit, in die Rolle der Zuhörerin zu wechseln und Lucas zu helfen, den nagenden Stress, den er von seinem Arbeitstag mitbringt, zu verarbeiten.

Wenn es einem Paar gelingt, auf diese Weise miteinander zu sprechen, können sie ihren individuellen Stress gemeinsam abbauen. Das führt dazu, dass sich beide verstanden fühlen. Und so kann Stress vom potenziellen Beziehungskiller zum wertvollen Beziehungsbooster werden, weil die gemeinsame Bewältigung zu mehr Nähe und Verbundenheit führt.

 

NEXT LEVEL FÃœR MEINE BEZIEHUNG:

Welcher Teil dieses „Stressabbaugesprächs“ fällt dir am schwersten?