„Wir sprechen kaum noch miteinander. Du sagst mir nie, wie es dir wirklich geht. Du bist so unnahbar. Was hast du eigentlich für ein Problem?“ So klingen Linas Vorwürfe.

Und die Version ihres Partners Alex geht so: „Wir haben kaum noch Sex. Du zeigst mir nie, dass du mich willst. So kann das doch nicht funktionieren. Was ist falsch mit dir?“

Die Beziehung von Lina und Alex ist angespannt. Wenn sie sich nicht gerade aus dem Weg gehen, kommt es häufig vor, dass sie nörgeln, einander Vorwürfe machen oder schmollen. Was ist bloß los mit ihrer Partnerschaft? Sie sind gefangen im falschen Tanz. So zumindest würde es die Psychologin Dr. Sue Johnson ausdrücken.

Sue Johnson wird oft als beste Paartherapeutin der Welt bezeichnet. Trotz ihrer 74 Jahre ist sie immer noch eine leidenschaftliche Tangotänzerin. Und auch die Liebe beschreibt sie oft als Tanz. Ihrer Meinung nach ist der verbreitetste Paartanz genau der, den Lina und Alex zusammen tanzen. Hier die Tanzschritte dazu: Ich bemerke, dass die Verbindung zwischen uns unterbrochen ist. Wir leben mehr nebeneinander als miteinander. Etwas scheint zwischen uns zu stehen und das macht mir Sorgen. Es macht mir sogar etwas Angst und ich fühle mich nicht sicher genug, um mich dir zuzuwenden und meine Verletzlichkeit mit dir zu teilen. Um dich trotzdem zu spüren und eine Reaktion zu erhalten, werde ich fordernd und mache dir Vorwürfe. Aber eigentlich möchte ich dich nur fragen: „Wo bist du?“ Ich finde dich nicht und das macht mir Angst.

Mit ihren Attacken bedrängen und verunsichern sich Alex und Lina gegenseitig noch mehr. Er fordert, sie zieht sich zurück. Das verstärkt seine Angst um die Beziehung und er macht noch mehr Vorwürfe. Und umgekehrt. Zusammen wirbeln sie immer schneller übers Parkett Richtung Abgrund.

Wenn sie erkennen, dass sie in diesem Tanz gefangen sind, stoppt die Musik augenblicklich. Sie merken dann, dass der Tanz das Problem ist und nicht der Partner. Statt den Partner zu beschuldigen, können sie sich gemeinsam gegen diese sich immer wiederholende Paardynamik stellen. Und mit der Zeit werden sie sagen können: „Wir stecken in diesem Ding fest. In diesem Muster, wo ich mich verschließe und dich aussperre. Ich kann mir vorstellen, dass dir das Angst macht.“ Und die andere Person sagt: „Ja, ich mache mir Sorgen um unsere Verbindung. Ich spüre dich nicht und weiß nicht, wo du innerlich stehst und was dich bewegt.“

Immer wenn es Lina und Alex gelingt, ihren Tanz zu durchschauen und zu benennen, ändert sich der Tonfall ihrer Gespräche schlagartig. Statt „wir sprechen kaum noch zusammen“ oder „wir haben kaum noch Sex“, können sie nun sagen: „Es verunsichert mich, dass wir schon länger kein Gespräch / keinen Sex mehr hatten. Ich möchte mit dir in Verbindung bleiben und würde gerne wieder einmal ausgiebig mit dir reden / Liebe machen. Ich möchte dich spüren und wissen, was in dir vorgeht.“

 

NEXT LEVEL FÃœR MEINE BEZIEHUNG:

Wie läuft euer typischer Paartanz ab und wo führt er hin?