Bei uns läuft grad alles rund. Den Kindern geht es gut, die ersten Prüfungen an der Uni sind bestanden, der Fernunterricht für die Mittlere scheint zu funktionieren und die Jüngste hat nach wie vor Präsenzunterricht. Letzteres trägt nicht unwesentlich zu meinem Wohlbefinden bei. Zudem konnten wir eine Woche in den Bergen und in Unmengen von Schnee verbringen Ich bin dankbar, ist es doch grad jetzt keine Selbstverständlichkeit, dass es uns so gut geht. Aber ich weiß aus langjähriger Erfahrung, dass dieser Zustand – mit oder Pandemie – über Nacht ändern kann. Familie ist kein immerwährender Ponyhof.

Familie ist nämlich manchmal auch wie die Sommerzeit in dem kleinen Städtchen, in dem wir leben. Egal, wo ich den Fuß hinsetze, treffe ich auf eine Baustelle. Straßengräben hier, eingepackte Häuser da und der omnipräsente Baulärm schmälert den Genuss einer Tasse Kaffee auf der Terrasse im Lieblingscafé erheblich.

Nun, Baustellen sind eine Investition in die Zukunft und ich freue mich natürlich auf den schönen Platz und das wunderbar sanierte Altstadthaus. Aber im Moment sind die Baustellen ärgerlich – ich zumindest mag sie nicht. Mein Mann hingegen liebt es, Baustellen zu besichtigen… Bauen passiert nicht geräuschlos, ist nicht staubfrei und die oft mangelhafte Kommunikation führt zu Verzögerungen. Seit wir vor ein paar Jahren unsere uralte Küche ohne einen Architekten sanierten und dabei schlechte Erfahrungen machten, gehören für mich drei Dinge zu einem Bauprojekt: Ein Architekt, eine weise und präsente Projektbegleitung von unserer Seite und fähige Handwerker.

Der ganz normale Alltag und eine Baustelle bei jedem Kind reichen aus, um das eben noch vorhandene Familiengleichgewicht kurzfristig ins Wanken zu bringen.

Mit den familiären Baustellen verhält es sich ähnlich. Plötzlich und bei schönstem Wetter sind sie da und mit ihnen ist Einsatz und Arbeit gefragt. Bei dieser Investition in die Zukunft kann es auch mal laut zu und hergehen. Und es ist doch so: Der ganz normale Alltag und eine Baustelle bei jedem Kind reichen aus, um das eben noch vorhandene Familiengleichgewicht kurzfristig ins Wanken zu bringen. Zudem haben auch wir Eltern manchmal Baustellen im eigenen Leben, die viel Energie kosten. Für solche Zeiten habe ich mir ein Überlebensmotto zugelegt. Als Perfektionistin und jemand, der gerne alles im Griff aber nicht unbegrenzte Energiereserven hat, hilft mir dieser eine Satz, relativ schnell auf das Wichtige fokussieren zu können: Choose your Battles! Was heißt das? Hier zwei mögliche Situationen von kleineren Baustellen.

Das Kind hört dir anscheinend nie zu und macht, was es will? Überlege dir, welche Dinge dir wirklich wichtig sind und interveniere nur dort dafür aber konsequent. Deine restliche Energie darfst du auf der Beziehungsebene einsetzen und deinem Kind zeigen, dass es geliebt ist.

Dir sind Tischmanieren sehr wichtig? Dann investiere dort deine Energie. Vergiss dabei nicht, deinem Kind zu sagen, dass ein angenehmes Verhalten bei Tisch ein Ausdruck von Liebe und Wertschätzung für die anderen am Tisch ist. Und macht ab und zu einen Pippi Langstrumpf-Tag, an dem ihr vielleicht mit dem Nachtisch beginnt oder es erlaubt ist, alles mit den Fingern zu essen.

Wie auf einer richtigen Baustelle hilft es, sich an den Architekten unserer Familie zu wenden.

Familie ist ein Abenteuer und Baustellen bleiben nicht aus. Wir auf jeden Fall hatten und haben immer wieder mal Baustellenzeiten. Choose your Battles hat für uns auch immer wieder bedeutet, unsere Energie nicht in Machtkämpfe zu investieren, sondern lösungsorientiert zu handeln und unser Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Wie auf einer richtigen Baustelle hilft es, sich an den Architekten unserer Familie zu wenden. Er weiß, um was es gerade geht und welche Baustelle (battle) dran ist. Dann kann ich der entsprechenden Baustelle eine hohe Priorität geben und versuchen, nahe am Kind zu sein und es in seinen Herausforderungen zu leiten und zu begleiten. Und weil ich keine Alleskönnerin bin, muss ich mir auch immer wieder Fähigkeiten aneignen, um Rat fragen oder etwas nachlesen, bevor ich mich als Familienhandwerkerin respektive Mutter ans Werk mache. Zum Schluss noch eine kleine Nebenbemerkung. Mein Überlebensmotto hat sich bis heute bewährt. Aber eine weitere fast unschlagbare Zutat im Familienleben ist Humor. Familiäre Spannungen und Baustellenzeiten lassen sich damit viel leichter bewältigen.

Wie geht es euch als Familie grad jetzt? Und wie fühlst du dich dabei? Wenn es euch gut geht: Genieße diese Zeit ganz bewusst.

In eurer Familie habt ihr mehr Baustellen als euch lieb ist? Sprich mit Gott darüber und überlege dir, in welche du Zeit und Energie investieren willst und welche du ignorieren kannst.

Alexandra Kämpf ist verheiratet mit Richard. Zusammen haben sie drei  Töchter im Alter von fast 9 bis 19 Jahren. 

Sie arbeitet bei FAMILYLIFE und verantwortet dort die Ehe- und Elternkurse.