Ich war kurz vor meiner Jüngsten aufgestanden und hatte in Ruhe eine erste Tasse Tee getrunken. Ein willkommener Start in den Tag. Der Rest des Vormittags war Alltag. Wir frühstückten gemeinsam, der Kater wollte gefüttert werden und sowohl die Abwaschmaschine und die Waschmaschine wurden gefüllt und gestartet. Dann kurz unter die Dusche und der übliche Rundgang durch das Haus von oben nach unten.

Noch bevor es neun Uhr schlug, hatte das Telefon bereits zum dritten Mal geklingelt. Freundin, Schwester, Krankenkasse. Das Gespräch mit der netten Dame von der Krankenkasse dauerte länger. Wenn ein Kind erwachsen wird, beeinflusst das die Prämienhöhe. Während wir über Franchisen und Zusatzversicherungen diskutierten, die Kosten von Therapien für einen Kreuzband- und Meniskusriss abwogen, trudelte ein Freund unserer Jüngsten ein. Er würde den Tag mit uns verbringen. Kurz darauf hupte der Milchexpress vor der Haustüre – ein kleiner Laden auf Rädern, bei dem ich einmal pro Woche unseren Bedarf an Milch, Gemüse, und Eiern decke. Ich wurde etwas kurzatmig, für die Dame am Telefon war es aber kein Problem: «Legen Sie einfach den Hörer hin, ich bearbeite in dieser Zeit Ihre Policen.» Wenig später waren Einkauf und Telefongespräch geschafft.

Zeit für eine Tasse Kaffee und kurz durchatmen, so der Plan. Diesen Augenblick nutzte der Kater, um ein Eichhörnchen aus dem Wald nach Hause zu bringen. Natürlich tot. Große Aufregung bei den Kindern. Sie holten ihn ins Haus, ich deponierte das tote Tierchen im Wald. Nun war es vorbei mit dem ruhigen Spielen. Ich versorgte die Kinder mit einem Znüni und schlug ihnen vor, draußen weiterzuspielen. Derweil hängte ich eine Ladung Wäsche auf. Und weil mir das tote Eichhörnchen nicht aus dem Sinn ging, versorgte ich meine Jüngste und ihren Freund mit kleinen Gartenschaufeln und bat sie, das Tierchen im Wald zu begraben… Der Kaffee wurde kalt.

Was mache ich nur mit solchen Tagen? Sie aus einer gänzlich anderen Perspektive betrachten.

Das ist mein Alltag. Vieles ist Routine, einiges passiert einfach und ehe ich mich versehe, ist der halbe Tag vergangen. Es kommt vor, dass ich nach Tagen wie diesem den Eindruck habe, nicht viel auf die Reihe gekriegt zu haben. Dann nagt eine leichte Unzufriedenheit an mir. Mein Inneres wünscht sich Struktur und ich mag es, wenn ich viele Punkte auf meiner To-do-Liste erledigen kann. Das ist häufig nicht der Fall. Was mache ich nur mit solchen Tagen? Sie aus einer gänzlich anderen Perspektive betrachten.

Zum Beispiel kann ich mir die Frage stellen: «Was braucht mein Kind?» Das ist natürlich je nach Kind und Alter unterschiedlich. Aber es gibt Dinge, die Kinder immer brauchen. Eine mögliche Antwort* sind diese Dinge: Liebe, Geschichten, Aufgaben, Spaß, Familie, Worte. Liebe, um dem Kind ein Gespür für seinen Wert zu geben. Geschichten, um ihm eine größere Perspektive zu geben. Aufgaben, um ihm Bedeutung zu geben. Spaß, um ihm Gemeinschaft zu geben. Familie, um ihm Zugehörigkeit zu geben. Und Worte, um ihm Orientierung zu geben.

Ich stelle mir also nicht mehr die Frage: «War dies ein erfolgreicher Tag, weil ich viele Dinge erledigt habe?». Ich frage mich viel mehr, ob ich meine Kinder mit den meisten der oben erwähnten Dinge versorgt habe. Die Antwort fällt nicht immer gleich aus. Aber für diesen Tag fiel mein Fazit ganz gut aus.

Liebe, Geschichten, Aufgaben, Spaß, Familie und Worte: Was kannst du gut / fällt dir leicht? Freue dich darüber! Welcher Punkt geht in deinem Alltag am ehesten unter? Finde in den nächsten Tagen eine konkrete Möglichkeit, um deine Kinder damit zu versorgen.

* Diese Aufzählung, was ein Kind braucht, und vieles mehr habe ich in den Phasenkarten von Orangeleben / FEG Schweiz gefunden.)

Alexandra Kämpf ist verheiratet mit Richard. Zusammen haben sie drei  Töchter im Alter von 8 bis 18 Jahren. 

Sie arbeitet bei FAMILYLIFE und verantwortet dort die Ehe- und Elternkurse.