«Wow, dass dein Mann das einfach so mitmacht, vier Kinder über so eine lange Phase alleine zu managen, nicht schlecht!», war einer von mehreren Kommentaren, die in dieselbe Richtung gingen. Der Grund für diese Statements war mein Engagement als Tänzerin in einem Musical und die Tatsache, dass ich mehrere Wochenenden mit Probetagen verbrachte und meine Familie ohne mich Ostern feiern «musste». Aus diesen Kommentaren entnahm ich Bewunderung und Irritation zugleich. Was wiederum mich irritierte, weil ich die Aussagen dahinter – sie werden manchmal laut ausgesprochen, manchmal schwingen sie auch einfach mit – nicht einfach ausklammern kann. Wie zum Beispiel die Sorge um meine Kinder, ob sie denn auch so lange ohne mich klar kommen. 

So nett sie auch gemeint sind, solche Bemerkungen tun am Ende nichts weiter, als meinen Lebensentwurf (und den meines Mannes) indirekt in Frage zu stellen. Und das stört irgendwie. Denn wir haben uns dabei ja etwas überlegt, waren und sind im Gespräch miteinander und mit Gott darüber, wie wir als Familie leben wollen.

Egal, ob wir selbst oder andere Bewunderung oder Irritation äußern, wir gehen dabei in erster Linie von unserer eigenen Situation aus. Diejenigen, die auf das Lebensmodell eines anderen irritiert reagieren, sind meiner Erfahrung nach jene, die (zu) sehr überzeugt von ihrem eigenen sind. Handkehrum sind die Bewunderer eines anderen Modells jene, die gerne mal in die Vergleichsfalle tappen. Die beispielsweise das Energielevel des anderen mit dem eigenen vergleichen, oder die Eigenschaften der Partner, und was diese bereit sind, in die Familie zu investieren. Mir ist klar, dass solche Kommentare in der Regel nicht böse gemeint sind oder so ankommen wollen. Aber sie tun es halt trotzdem. Und setzen, ob gewollt oder nicht, subtile Maßstäbe an das (Familien-)Leben, wie es aus subjektiver Sicht optimal zu führen wäre. 

Das ist schade. Und irgendwie unnötig. Denn es trägt der Tatsache nicht Rechnung, dass es unzählige Varianten gibt, wie Familie gelebt werden kann, und es den Kindern dabei gut geht. Nur schon in konventionellen Familien mit Vater und Mutter gibt es zig Job-Familie-Freizeit-Kombinationen. Da habe ich von der alleinerziehenden Mutter oder dem Witwer noch gar nicht gesprochen, die mit ihren Kids nochmals vor ganz anderen Herausforderungen stehen. 

Alles, was sich innerhalb der Familie abspielt, wie über was geredet wird und wie was (vor)gelebt wird, formt das Selbst- respektive Weltverständnis eines Menschen und ist wiederum charakterprägend und zukunftsweisend. 

Man mag mir Haarspalterei oder Empfindlichkeit unterstellen. Aber ich finde, solche Anmerkungen, die den Lebensentwurf der anderen kommentieren, braucht es einfach nicht . Dabei muss ich mich auch immer wieder selbst beim Wort nehmen. Womit ich bei der Vorbildrolle bin. Wie so vieles fängt nämlich auch das Denken über Rollen und Aufgaben in der Kernfamilie an. Alles, was sich innerhalb der Familie abspielt, wie über was geredet wird und – noch wichtiger – wie was (vor)gelebt wird, formt das Selbst- respektive Weltverständnis eines Menschen und ist wiederum charakterprägend und zukunftsweisend. Wenn es eine Sache gibt, die ich meinen vier Kindern mit auf den Weg geben und vorleben will, dann dass sie jede Freiheit haben, ihr Leben – und einmal das mit ihren zukünftigen Partnern – so zu leben, wie sie es für richtig und gut halten, unabhängig der sozialen und frommen Konventionen. Mein Wunsch ist es, dass sie, wenn sie in diese Lebensphase, in der ich mich heute befinde, eintauchen, sich nicht mehr mit denselben Fragen und Kommentaren herumschlagen müssen. Es wäre doch wunderbar, es würde dann niemanden mehr kümmern, wie sich Frau und Mann ihre Zeit, Gaben und Kinderbetreuung aufteilen – wohlgemerkt immer unter der Prämisse, dass es den Kindern dabei gut geht. Weil dann nämlich jede Form der Aufteilung und des Miteinanders gleich normal, gleich gewichtet und ebenso erwünscht ist. 

Kein Erstaunen mehr über Mütter, die ihrer Passion nachgehen und dabei Mann und Kinder eine Zeit lang sich selbst überlassen. Keine hochgezogenen Augenbrauen und überraschten Gesichter mehr über Mütter und Väter, die sich für ein paar Jahre aus dem Berufsleben ausklinken, um sich um den Nachwuchs zu kümmern, etc. Ein Hoch auf all die unterschiedlichen Lebensmodelle mit all ihren wunderbaren Facetten! 

Mein Lebensentwurf und ich sind ok – und diejenigen der anderen auch. Aber ich darf auch darüber nachdenken, ob ich etwas ändern möchte. Ist bei dir beim Lesen des Textes etwas aufgeploppt, dem du nachgehen möchtest? 

Angi Schmidt ist verheiratet mit Jonathan. Zusammen haben sie vier Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren.

Sie ist Psychologin, arbeitet bei Campus für Christus und leitet die Redaktion des Magazin Amen.