Warum hast du dich damals eigentlich für eine Beziehung mit deiner Partnerin oder deinem Partner entschieden? Als ich kürzlich über diese Frage nachgedacht habe, war ich überrascht und ehrlich gesagt auch ein bisschen ernüchtert, was da alles zusammengekommen ist.

Ein wichtiger Grund war natürlich, dass ich verliebt war. Aber auch, dass ich der Meinung war, dass die Charaktereigenschaften meiner Partnerin eine gute Ergänzung zu meinen waren. Und schließlich, dass ich mir gut vorstellen konnte, mit dieser Person an meiner Seite durchs Leben zu gehen. Dass sie mein Leben bereichern und ich mit ihr glücklich sein würde.

Alle diese Gründe haben eines gemeinsam: Es geht nur um mich. «Was bringt es mir?» als Leitfrage unserer Beziehung schien mir schon eine bedenkliche Basis für eine lebenslange Partnerschaft zu sein. Ein wenig beruhigt hat mich dann die Erkenntnis, dass es wohl allen so geht. Wir sind alle mit überwiegend eigennützigen Motiven in unsere Beziehungen gestartet.

Wir wünschen uns, dass unser Leben durch unsere Partnerschaft besser wird. Oder etwas dramatischer ausgedrückt: Wir erwarten von unserer Partnerschaft, dass sie unsere Defizite, Löcher und Sehnsüchte stopft. Wir brauchen unsere Beziehung als Krücke, um uns glücklicher oder weniger einsam zu fühlen. Und weil es unserer Partnerin oder unserem Partner wahrscheinlich ähnlich geht, stützen wir uns nun also zu zweit auf diese Krücke und hoffen, dass sie hält.

Eine Partnerschaft leidet darunter, wenn es bei diesen Motiven bleibt. Wahre Liebe kann dort entstehen, wo wir die Liebe nicht brauchen, sondern uns aus freien Stücken dafür entscheiden. Nur, wenn wir nicht vom Partner abhängig sind, können wir ihn wirklich auf diese Art lieben.

In einem der bekanntesten Trauverse heißt es, dass die Liebe nicht den eigenen Vorteil sucht (1. Kor 13,5). Oder anders übersetzt: «Die Liebe sucht nicht das Ihre.» Das ist die Art von Liebe, die Gott zu uns Menschen hat. Er liebt uns nicht, weil ihm irgendetwas fehlt, was er in der Beziehung zu uns zu bekommen hofft. Und diese reife Art der Liebe soll auch das Ziel unserer Liebe sein.

Eine solche Liebe hat nichts mit falscher Demut, vorgetäuschter Selbstlosigkeit oder Verdrängung eigener Bedürfnisse zu tun. Im Gegenteil: Der Abt Bernhard von Clairvaux kam schon vor rund 900 Jahren zum Schluss, dass die Liebe nicht das Ihre sucht, weil sie es eben schon hat.

Ich wünsche mir, dass wir uns alle auf den Weg zu einer weniger egoistischen Liebe machen. Gelingen kann uns das, wenn wir eine Quelle finden, aus der unsere Defizite, Löcher und Sehnsüchte auf eine gesunde und nachhaltige Weise gestillt werden und dafür nicht ausschließlich unsere Partnerschaft herhalten muss.

 

NEXT LEVEL FÃœR MEINE BEZIEHUNG:

Wo stehst du auf deinem Weg zu einer weniger egoistischen Liebe?