Bis jetzt hatten sich Jasmin und Jannik dagegen gesträubt. Aber jetzt, mit ihrem neuen Flatscreen im Wohnzimmer, konnten sie einfach nicht länger widerstehen: Sie haben Netflix abonniert.

Sie lieben es, eng umschlungen auf dem Sofa zu liegen und zusammen einen Film zu schauen. Kürzlich hat ihnen jedoch ein Streit den Filmabend so richtig vermiest.

Während Jannik noch Geschirr spülte, hat Jasmin bereits durch die empfohlenen Filme gescrollt und einen Streifen ausgesucht, der ihr besonders gefällt. Als sich Jannik dann zu ihr gesellte und ihren Vorschlag sah, seufzte er: «Oh nein, nicht so eine Schnulze. Können wir nicht einen richtigen Film schauen?»

«Wieso muss immer alles nach dir gehen?», sagte Jasmin. Sie war sichtlich genervt.

«Aber wir können ja einen Film wählen, der uns beiden gefällt», versuchte Jannik zu besänftigen.

«Alle Filme, die wir in letzter Zeit geschaut haben, waren Filme für dich.»

«Das stimmt doch überhaupt nicht. Im Gegenteil: Wir haben alle Filme zusammen ausgesucht. Ich weiß gar nicht, was dein Problem ist», sagte Jannik noch, während er verständnislos den Kopf schüttelte und aus dem Zimmer lief.

«Ja, ja, so funktionieren deine Kompromisse. Wir schauen deine Filme und ich muss nachgeben», zischte ihm Jasmin hintendrein. Das war‘s dann wohl mit dem gemütlichen Filmabend.

Erst gegen 22:00 Uhr waren sie bereit, eine sachliche Diskussion über den verpatzten Filmabend zu führen. Bald wurde klar, was das eigentliche Problem war.

Jasmin ist überzeugt, dass sie flexibler ist und im Gegensatz zu Jannik auch einen Film genießen kann, der ihren Vorlieben nicht exakt entspricht. Deshalb hat sie sich aus einer Position der vermeintlichen Überlegenheit geopfert und auf ihre Wünsche verzichtet. Sie hat gar nie darüber gesprochen, was ihr eigentlich gefallen würde. Und so ging Jannik fälschlicherweise davon aus, sie würde Action-Komödien genauso mögen wie er.

Nun hatte Jasmin aber das Gefühl, sie sei jetzt mal dran mit Wählen, weil sie ja die letzten Male so großzügig verzichtet hatte. Sie sah sich als Wohltäterin, die aber irgendwann auch einmal zum Zug kommen wollte. Jannik hingegen ahnte nichts von den Kompromissen, die Jasmin bereits stillschweigend mit sich selbst ausgemacht hatte. Kein Wunder, dass es krachte.

Gute Kompromisse können wir nur gemeinsam finden. Wenn einer die Entscheidung vorwegnimmt und auf die Erfüllung seiner Bedürfnisse verzichtet, ohne sie überhaupt auszusprechen, ist das kein echter Kompromiss, sondern eine einseitige Entscheidung. Häufig wird diese Entscheidung nicht aus Nächstenliebe getroffen, sondern um eine anstrengende Diskussion zu vermeiden.

Langfristig lohnen sich diese stillen, einseitigen Kompromisse nicht. Sie sind nicht Ausdruck einer Partnerschaft auf Augenhöhe. Deshalb nehmen sich Jasmin und Jannik vor, zukünftig zu sagen, was sie wirklich wollen und erst dann zusammen einen Kompromiss zu suchen. Nicht nur bei der Filmauswahl. Und manchmal erinnern sie sich augenzwinkernd daran: «Einseitige Kompromisse sind faule Kompromisse.»

 

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