Katja und Lars sind seit 14 Jahren mehr oder weniger glücklich verheiratet. Sie haben zwei lebensfrohe Kinder, viele Freunde, ein schönes Haus und erfolgreiche Karrieren. In ihrem Umfeld gelten sie als Bilderbuchfamilie. Doch irgendwie sind sie unzufrieden mit ihrer Ehe. Nicht, dass sie besonders häufig streiten oder sich täglich übereinander aufregen würden. „Es ist einfach nicht mehr wie in den ersten Jahren unserer Beziehung“, fasst es Katja im Gespräch mit einer Freundin zusammen. „Wir kommen gut miteinander aus, aber ich weiß nicht, ob wir uns noch lieben. Irgendwie haben wir uns so aneinander gewöhnt, dass es fast langweilig geworden ist.“

Viele Paare erleben nach einigen Jahren in ihrer Partnerschaft etwas Ähnliches wie Lars und Katja. Die anfängliche Begeisterung legt sich. Die Freude über die Andersartigkeit des Gegenübers weicht. Der Sex ist eher eine Pflichtübung, wenn er dann überhaupt noch stattfindet. Routine dominiert den Alltag. Und fast unmerklich werden aus leidenschaftlichen Liebhabern gut eingespielte WG-Partner.

Diese Entwicklung hängt damit zusammen, dass wir in unserer Partnerschaft mit den Jahren die großen Fragen durch die kleinen Fragen ersetzen. Aus „Was sind deine Lebensträume?“ wird „Hast du den Elektriker schon angerufen wegen dem kaputten Backofen?“. Und aus „Welche Erlebnisse haben dich geprägt?“ wird „Wer holt die Kinder morgen vom Training ab?“.

Wir hören auf, die großen Fragen zu stellen, weil wir meinen, unseren Partner mittlerweile zu kennen. Doch das ist ein verhängnisvoller Fehler. Zum einen werden wir die Innenwelt unseres Gegenübers nie ganz kennen. Es gibt immer wieder überraschende und neue Seiten, die wir entdecken werden. Und zum anderen entwickeln wir uns alle. Die gleiche Frage wird zu einem anderen Zeitpunkt anders beantwortet. Was wir wollen, was wir glauben und wie wir uns selbst sehen, verändert sich im Laufe unseres Lebens.

Wir können das Gebot „Du sollst dir kein Bild machen“ nicht nur auf unsere Gottesbeziehung, sondern auch auf unsere Paarbeziehung anwenden. Die Persönlichkeit unserer Partnerin oder unseres Partners ist nicht wie ein statisches Bild, sondern viel eher wie ein 3D-Film, der sich in Echtzeit entwickelt.

Wenn wir beim statischen Bild, das wir uns von unserem Gegenüber gemacht haben, stehen bleiben, werden wir das Wesentliche verpassen. Wie bei Lars und Katja steht unsere Beziehung dann in Gefahr, dass wir von Liebenden zu Mitbewohnern werden. Es lohnt sich, die Neugierde am Partner zu bewahren. Glückliche ältere Paare sind Paare, die nie aufgehört haben, einander gegenüber neugierig zu sein. Dabei hilft es, von Zeit zu Zeit mal wieder eine große Frage zu stellen.

 

NEXT LEVEL FÃœR MEINE BEZIEHUNG:

Stell deinem Gegenüber eine große Frage. Falls du keine Ideen hast, kannst du es mal mit „Ist das immer noch das Leben, das du dir gewünscht hast?“ versuchen.